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| | | Können Sie ein Geschenk annehmen? | | | | |
Haben Sie schon einmal beobachtet, wie leicht es Ihnen fällt, ein Kompliment, ein Lob oder ein Geschenk anzunehmen? Ganz leicht, meinen Sie? Sie nehmen jede Gabe entspannt und dankbar an, ohne den leisesten Hintergedanken z.B. an den Aufwand, den das verursachte - und damit womöglich eine Verpflichtung zum Gegengeschenk Ihrerseits? Dann brauchen Sie nicht weiterlesen, Ihre Nehmer-Qualitäten scheinen excellent zu sein. Falls Ihnen aber auch schon öfter mal ein 'aber das wäre doch nicht nötig gewesen!' herausgerutscht ist, befinden Sie sich in guter Gesellschaft.
Vielen passiert es automatisch - sie können ein Kompliment, Unterstützung, Geld oder ein Geschenk nicht wirklich unbefangen annehmen, werden bei einem Lob leicht verlegen, spielen gar ein nettes Kompliment mit einem 'ach, das ist doch gar nichts' herunter. Psychologen führen ein solches Verhalten darauf zurück, dass wir uns oft ungern in eine passive Position bringen lassen. Sobald wir etwas annehmen, nehmen wir aber eine schwächere, passive Position gegenüber dem Gebenden ein. Die passive Rolle wird in unserer Gesellschaft häufig geringer bewertet als die aktive. Es fällt daher vielen leichter, sich als Gebender um andere zu kümmern, dies gibt ihm nicht zuletzt ein Gefühl der Stärke. Geben wir zu viel, besteht jedoch immer die Gefahr, dass wir uns verausgaben. Dabei kann sich Groll in uns entwickeln und wir schaffen es zudem, uns auch noch ausgenutzt zu fühlen. Für solche Menschen ist es wichtig, für einen Ausgleich zu sorgen und nicht immer nur zu geben, sondern auch von anderen etwas anzunehmen.
Wer nichts annehmen mag, hält selbst meist vieles - auch sich selbst - eher zurück. Das führt uns direkt in den Gegensatz. Oberflächlich betrachtet scheinen Nehmer-Qualitäten bei vielen Menschen sehr ausgeprägt zu sein und fraglos hielten etliche zur Antwort sofort die Hand auf - würde man ihnen die Eingangsfrage persönlich stellen. Doch wenn sich wenig bis gar keine Lust zum Geben entwickelt hat, ist die Balance ebenso gestört - denn das einseitige 'Nehmen-was-man-kriegen-kann' erfolgt nicht mit einem Gefühl der Freude und Dankbarkeit, sondern eher aus einem Reflex oder Bedürfnis heraus. So wichtig akkurate Bilanzen im Geschäftsleben sind - eine 'Buchhalter-Mentalität', nach der man den Wert eines Geschenks und das dazu gehörige Gegengeschenk berechnet, noch bevor man die Gabe ganz ausgepackt hat, behindert das Spiel des Gebens und Nehmens enorm. Im Klammern an materielle Dinge erkennen Psychologen tiefe Minderwertigkeitsgefühle. Man hortet Dinge mit dem Gefühl eines 'es ist nicht genug für alle da' und hat schlicht Angst, nie genug von anderen zu bekommen. Dies wirft ein interessantes Licht auf das 'Geiz ist geil'-Phänomen, bei dem jeder Cent auch von prinzipiell im Wohlstand lebenden Menschen zig mal umgedreht wird.
Geben und Nehmen sind eng miteinander verbunden und so bedingen sich Probleme in beiden Bereichen gegenseitig. Wer nicht zu geben gelernt hat, hat umgekehrt meist Schwierigkeiten, beim Annehmen eines Geschenks ganz unbefangen seinen Dank auszudrücken. Es trägt sicher sehr zu einer Steigerung der persönlichen Lebensqualität bei, wenn einem Geben und Nehmen leichter fällt. Verzichten Sie bei der Entgegennahme Ihres nächsten Geschenks oder Lobes bewusst auf alle einschränkenden Gedanken oder Worte. Und versuchen Sie jeden Tag - ganz gleich wem - ein unerwartetes Geschenk zu machen - ohne etwas zurück zu erwarten. Fangen Sie am besten sofort damit an. Finanzielle Engpässe sollten keinen Hinderungsgrund bedeuten: Machen Sie kostenlose Geschenke, z.B. Zeit, Anerkennung oder ehrliche Komplimente.
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